„Man spielt Fußball nicht für Geld, sondern weil es die Leidenschaft eines jeden ist!“

Interview mit Giulia Gwinn, Profispielerin der Frauenmannschaft des Sport-Club Freiburg

 

Wie bist du damals zum Fußball gekommen?

Ich habe zwei ältere Brüder, die haben auch immer Fußball gespielt und waren auf dem Fußballplatz. Da habe ich dann immer mitgezogen. Am Anfang war es aber so, dass meine Mutter strikt dagegen war, dass ich als Mädchen Fußball spiele. Irgendwann jedoch hat sie dann gesagt, dass sie in mir eine Leidenschaft entdeckt hat, von der sie mich nicht mehr abhalten konnte.

 

Gab es bei dir noch andere Berufsziele oder wolltest du schon immer Profifußballerin werden?

Sportlich natürlich Fußball. Natürlich möchte ich mein Abi machen und danach nebenher studieren.

 

Hat man neben dem Profifußball noch Zeit für andere Dinge und wenn ja, was machst du da so?

Freizeit bleibt natürlich nicht ganz so viel. Trotzdem bleiben da auch mal freie Lücken, in denen man seine Freizeit ausüben und sich mit Freunden treffen kann und Dinge machen, auf die man Abseits vom Fußball so Lust hat.

 

Wie bist du damals auf die Idee gekommen, zum SC Freiburg zu gehen und dort Fußballerin zu werden?

Ich habe, bevor ich zum SC gekommen bin, bei den Jungs gespielt in deren Mannschaften. Ich selbst komme ja vom Bodensee, von Friedrichshafen, habe damals beim SV Ravensburg gespielt, die selbst auch eine Kooperation mit dem SC Freiburg haben. Aufgrund dessen hatten wir oft Turniere. Bei einem von diesen Turnieren wurde ich dann gesichtet.

 

Was macht den SC Freiburg, auch im Frauenfußball, für dich zu einem besonderen Verein?

Vor allem das Teamgefühl. Ich finde beim SC Freiburg ist es einfach so, dass wir zwar auch individuelle Klasse drin haben, aber insgesamt als Team auf dem Platz stehen. Das sieht man auf oder neben dem Platz. Das macht es dann nochmal einzigartig. Ich finde auch, dass der SC Freiburg zwar kein Verein mit einem großen Namen ist, wie zum Beispiel, jetzt auch im Männerfußball, der FC Bayern. Trotzdem fördern sie junge Talente und man erhält immer die Chance auf Einsatzzeiten. Das zeichnet die eigene Klasse des SC aus.

„Sie fördern immer wieder junge Talente und man erhält immer die Chance auf Einsatzzeiten. Das zeichnet die Klasse des SC Freiburg aus.“ (Giulia Gwinn über die Besonderheit des SC Freiburg)

 

Was kannst du uns über den Trainer Jens Scheuer erzählen?

Gerade bei ihm ist es ein wichtiger Punkt mit den jungen Talenten, denen er immer wieder die Chance und das Vertrauen gibt. Ich bin damals mit 16 Jahren zu ihm in die Mannschaft gekommen, habe dort schon meine Einsätze bekommen. Das zeichnet ihn auch aus, dass er nicht nur auf Erfahrung setzt, sondern eben auch auf die jungen Talente.

 

Welche Fußballerin hat dich in deiner bisherigen Profikarriere am meisten geprägt?

Bei den Männern waren schon immer Marco Reus und Joshua Kimmich meine Vorbilder. Bei den Frauen ist Melanie Leupolz (ehemals SC Freiburg; Anm. d. Red.) mein Vorbild.

 

Was gefällt dir an der Stadt Freiburg am meisten?

Es ist jetzt keine Großstadt wie andere bekannte deutsche Städte, aber trotzdem hat es irgendwie etwas Familiäres. Es gibt viele junge Leute, viele Studenten. Man trifft immer wieder neue Leute und es gibt viele coole Sachen, die man hier unternehmen kann.

 

Als Fußballprofi muss man sehr früh erwachsen werden, man hat viel Verantwortung, steht in der Öffentlichkeit und hat eine gewisse Vorbildfunktion inne. Wie gehst du damit um?

Erstmal muss ich sagen, dass ich auch sehr jung hierhergekommen bin. Das war ein großer Schritt, von zu Hause weg hier her zu ziehen. Ich bin dann hier ins Internat gezogen. Klar, man ist ein Stück weit auch Vorbild für andere und trotzdem versuche ich, auf mich zu schauen und meinen Weg zu gehen. Man muss sich zwar an Regeln halten und diszipliniert auftreten. Trotzdem darf man nicht vergessen, man selbst zu sein.

„Man darf nie vergessen, man selbst zu sein.“ (Giulia Gwinn über die Vorbildfunktion als Fußballprofi)

 

Verfolgst du privat neben dem Fußball auch noch andere Sportarten?

Es ist so, dass ich, wenn ich selbst nicht auf dem Fußballplatz stehe, auch selbst Fußball schaue. Gerade wenn die Profis am Wochenende im Stadion spielen, nimmt der Fußball schon eine große Rolle ein. Zudem habe ich schon oft bei den Eisvögeln (Basketballverein der Frauen in Freiburg; Anm. d. Red.) oder zu Hause in Friedrichshafen beim Volleyball vorbeigeschaut. Also nicht nur Fußball und trotzdem nimmt es die größte Rolle bei mir ein, was das angeht.

 

Der Frauenfußball wird ja von allen Seiten sehr belächelt und nicht so stark wertgeschätzt wie der Männerfußball. Wie nimmst du das wahr und was macht den Frauenfußball für dich so attraktiv?

Ich finde es schade, dass es nicht so sehr wertgeschätzt wird wie der Männerfußball. Klar kann man es nicht vergleichen, aber ich finde, dass wir gleichviel leisten müssen wie die Männer, wir trainieren auch so viel und so hart, haben am Wochenende unsere Spiele. Deswegen finde ich es schade, dass viel weniger Unterstützung im Stadion da ist und es viel weniger wertgeschätzt wird. Schön wäre es, wenn es in der Zukunft ein bisschen mehr werden würde.

 

Der Verein gilt ja schon seit einigen Jahren als Sprungbrett für junge und talentierte Spieler, sowohl im Männer- als auch im Frauenfußball, Yannik Keitel aus der U19 ist Junioren-Nationalspieler, einige Spielerinnen der Frauenmannschaft stammen auch aus dem eigenen Nachwuchs. Wie schätzt du allgemein die Nachwuchsarbeit des Sport-Clubs in der Freiburger Fußballschule ein?

Es gibt wie gesagt viele junge Spieler, die hier aufgenommen werden und auch wirklich eine super Entwicklung durchlaufen. Ich glaube, dass macht den Verein auch aus, dass sie junge Talente fördern, eine super Jugendarbeit haben und diese Spieler irgendwann in die erste Mannschaft reinkommen. Ob dort die Entwicklung dann weitergeht, sieht man dann. Im ersten Sinne aber steht der SC Freiburg für seine gute Jugendarbeit.

 

Wo siehst du dich in Zukunft in der Mannschaft?

Ich will auf jeden Fall eine feste Größe sein in Freiburg, meinen Stammplatz auch weiterhin behaupten und der Mannschaft helfen, dass wir erfolgreich sind und unsere Ziele verwirklichen.

 

Ihr steht bisher mit der Mannschaft sehr gut da in der Bundesliga. Wie schätzt du die bisherige Saison ein und was ist deiner Ansicht nach noch möglich?

Ich glaube, wir haben gerade einen super Lauf. Es ist jetzt eine schöne Momentaufnahme, wenn man auf die Tabelle schaut, trotzdem darf man sich auf keinen Fall ausruhen, die Rückrunde ist noch nicht vorbei. Deshalb müssen wir genau so weitermachen und unsere Leistung in jedem Spiel bestätigen.

 

Welches Spiel ist dir in deiner Profikarriere am meisten bzw. positivsten in Erinnerung geblieben?

Am positivsten war das Spiel daheim gegen Wolfsburg, da ich noch nie ein Spiel durch ein Tor entschieden habe. Gegen Wolfsburg ist es immer schwierig und ein knappes Spiel. Es war immer unser Ziel, gegen sie zu gewinnen. Umso schöner, dass ich zu diesem Sieg mein Tor beisteuern konnte.

 

Was denkst du als Fußballerin über die steigenden Transfersummen im Männerfußball und wie siehst du das im Verhältnis zu Ablösesummen im Frauenfußball?

Es sind gerade im Männerfußball enorme Summen, die dort fließen, das muss man einfach sagen. Es ist auch gesponnen, was für Gehälter gezahlt werden. Im Vergleich zum Frauenfußball sind unsere Gehälter nichts dagegen. Man spielt den Fußball nicht für Geld, sondern weil es die Leidenschaft eines jeden ist! Man spielt Fußball auch, weil es einem Spaß macht und man damit sein Hobby zum Beruf machen kann.