Kommentar zu Uli Hoeneß

Neun Punkte Rückstand auf den Tabellenführer Borussia Dortmund, Diskussionen um das Traineramt Niko Kovacs, vereinsinterne Unstimmigkeiten. Beim FC Bayern läuft es nicht rund diese Saison. Und dann auch noch ein Präsident, der Kritik nicht aushalten kann und dabei selbst, ohne einen zweiten Gedanken zu verschwenden, verbal um sich schlägt.

Der Rekordmeister, der sein Image als arroganter Spitzenclub, der immer sehr großkotzig daherkam, gerade in den letzten Jahren weitestgehend abgelegt hatte, gewinnt durch fragwürdige Aktionen von Uli Hoeneß gerade diese Außenwirkung wieder zurück.

Den vorläufigen Höhepunkt einer sich dem Ende zuneigenden Präsidentschaftsära markierte die Pressekonferenz, auf der zunächst Verstandsboss Karl-Heinz Rummenigge Artikel 1 des Grundgesetzes zitiert hatte, um auf die Würde des Menschen zu verweisen, die unantastbar sei. Kurz nachdem Rummenigge den verfassungsrechtlichen Vorschlaghammer ausgepackt hatte, denn selbst er als Laie wird wissen, dass ein Eingriff in die Würde des Menschen keinesfalls gerechtfertigt sein kann, zieht Hoeneß die Glaubwürdigkeit dieser Aussage geradezu ins Lächerliche. Indem er derart gegen Ex-Bayernspieler Juan Bernat nachtrat, hätte die Veranstaltung auch gut eine Realsatire darstellen können.

Der FC Bayern gab sich eine Blöße, die durch das dünnhäutige Agieren seines Präsidenten noch angefacht wurde. Hoeneß sieht sich selbst natürlich nie als Täter, sondern immer als das Opfer, Kritik wird im Handumdrehen zum Angriff gegen seine Person erklärt. Dies ist eine Art des Agierens, welche einen vernünftigen Diskurs auf Augenhöhe unmöglich macht, Fakten verdreht und in ihrem tatsächlichen Meinungsgehalt umkehrt. In die Reihe besonderer Vorkommnisse reihte sich jüngst auch noch der eigenhändige Ausschluss der Vereinslegende Paul Breitner von der Ehrentribüne, weil ihm dessen Kritik an seiner Person und seiner Führung des Vereins nicht passte. Das gehört sich nicht. Auch hier lässt sich wieder an das Grundgesetz anknüpfen, diesmal allerdings an Artikel 5 Absatz 1, nämlich die Meinungsfreiheit, an der sich auch ein Uli Hoeneß messen lassen muss. Denn wer ein so hohes verfassungsrechtliches Gut wie die Würde des Menschen für sich vereinnahmt, kann nicht ein ebenso wichtiges Gut wie das Recht auf die freie Meinungsäußerung links liegen lassen. Wer austeilt, muss auch einstecken können. Genauso muss er sich die Kritik daran gefallen lassen, dass die Bayern ihr Trainingslager im kommenden Jahr zum wiederholten Mal in Katar stattfinden lassen, im Land ihres Premiumpartners und Ärmelsponsors Qatar Airways, dessen Arbeitsbedingungen für Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter alles andere als human sind und bei weitem nicht den Standards einer freiheitlich-sozialen Gesellschaftsordnung entsprechen. Langsam kann man sich schon die Frage stellen, ob Uli Hoeneß noch der richtige ist, um einen europäischen Spitzenverein erfolgreich weiterzuführen und für die Zukunft auszurichten.

Von Samuel Stowasser

Der Artikel spiegelt die Ansichten des Autors wieder (Anm. d. Red.)