Freistuz goes Oscars – die Online-Kolumne zum wichtigsten Filmpreis der Welt

Heute: Rückblick der Verleihung 

 

Lange hat man in Hollywood auf diese Nacht gewartet, endlich war sie da: die Verleihung der Academy Awards im Dolby Theatre in Los Angeles– der wichtigste Filmpreis der Welt! Erstmals seit 1989 fand diese Verleihung ohne Moderator statt. Welche Filme waren die großen Gewinner und welche die großen Verlierer des Abends, was waren die emotionalen Höhepunkte und wie war es, seit 30 Jahren eine Verleihung ohne Moderator verfolgen zu dürfen?

 

Eines ist sicher, dieser Abend wird lange in Erinnerung bleiben. Zum einen, da zum ersten Mal ein Film eines Streaminganbieters gleichzeitig in den Kategorien „Bester Film“ und „Bester nicht-englischsprachiger Film“ nominiert war. Des Weiteren, dass eine Comicbuchverfilmung zum ersten Mal in der Kategorie „Bester Film“ nominiert worden war. Und ja, es war die erste Oscar-Verleihung seit 1989 ohne einen gastgebenden Moderator. Doch all dies tat den wichtigsten und bedeutendsten Filmschaffenden der Welt keinen Zwang an, trotzdem zur Verleihung zu kommen, auch das Verhältnis von afroamerikanischen und weißen Nominierten war an diesem Abend sehr ausgeglichen. Zudem hat die Academy die Ankündigung, diverse Kategorien in den Werbepausen auszuzeichnen, eine Woche vor der Verleihung – auch aufgrund eines Protestbriefes unterzeichnet von mehreren Filmemachern – zurückgezogen. Alles begann mit einem fulminanten und beeindruckenden Auftritt von Queen und Adam Lambert, die ein paar der legendärsten Songs der Rockband zum Besten gaben. Danach kamen drei Schauspielerinnen auf die Bühne, um die Kategorie der besten Nebendarstellerin zu präsentieren. Hierbei gab es schon zwei Besonderheiten: normalerweise wird der Abend mit der Kategorie des besten Nebendarstellers eröffnet und vom weiblichen Gewinner des Vorjahres präsentiert. Die Academy jedoch brach kurzerhand mit dieser Tradition. Gewinnerin in dieser Kategorie wurde Regina King für ihre Leistung in „If Beale Street Could Talk“, der ab dem 7. März in den deutschen Kinos zu sehen sein wird und für den es der einzige von drei möglichen Preisen war. Weiter ging es mit der Kategorie für den „Besten Dokumentarfilm“, die von Oscar Preisträgerin Helen Mirren (2007 für die Hauptrolle in „Die Queen“; Anm. d. Red.) und Jason Momoa präsentiert wurde und in der „Free Solo“ (ab dem 21. März in den deutschen Kinos; Anm. d. Red.), eine Dokumentation über Alex Honnold und dessen Vorbereitung sowie Besteigung des bis zu 1.000 Meter hohen Felsens „El Capitan“ im Yosemite National Park, den Oscar gewinnen konnte.

Gewinner in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“: „Free Solo“

„Black Panther“ überrascht, „Vice“, „A Star Is Born“ und „The Favourite“ Verlierer des Abends

Weiter ging es mit den Nebenkategorien „Bestes Make-Up & Hairstyling“ sowie „Bestes Kostümdesign“. Erstgenannte wurde von Stephan James („If Beale Street Could Talk“) und Elsie Fisher („Eight Grade) präsentiert, gewinnen konnte erwartungsgemäß „Vice“. Es war aber auch der einzige Preis, den das Politdrama von Adam McKay mit nach Hause nehmen konnte. Danach – und das war das erste optische Highlight des Abends – präsentierten Melissa McCarthy („Brautalarm“) und Winstion Duke („Black Panther“) in opulenten Kostümen die gleichnamige Sparte des Kostümdesigns, in der zum ersten Mal an diesem Abend „Black Panther“ den Oscar für sich beanspruchen konnte. Insgesamt konnte die Verfilmung des Marvel-Comics drei Oscars gewinnen – neben „Bestes Kostümdesign“ noch „Bestes Szenenbild“ und „Beste Filmmusik“ – und somit zweifelsohne zu den Gewinnern des Abends gezählt werden, dazu später noch mehr. „A Star Is Born“ konnte trotz stolzer acht Nominierungen nur den Oscar für den „Besten Filmsong“ gewinnen und zählt damit mit dem bereits erwähnten „Vice“ (ein Oscar bei ebenfalls acht Nominierungen) und „The Favourite“ zu den großen Verlierern des Abends. Gerade für den starken „The Favourite“ ist es eine krachende Niederlage, so war er insgesamt für zehn Preise nominiert und gewann nur einen einzigen für Olivia Colman als „Beste Hauptdarstellerin“. Zwischen den einzelnen Kategorien wurden, wie bei den Oscars üblich, die einzelnen Nominierten in der wichtigsten Kategorie „Bester Film“ mit einem kurzen Teaser vorgestellt. Zudem – auch das eine Tradition bei den Academy Awards – wurden die nominierten Filmsongs zum Besten gegeben, wobei man die Performance von Lady Gaga und Bradley Cooper zum Siegersong „Shallow“ als die beeindruckendste des Abends bezeichnen kann. Überraschend für viele Gäste bei dieser Kategorie war sicherlich, dass Pulitzer-Preisträger Kendrick Lamar aus logistischen und zeitlichen Gründen seinen nominierten Song „All The Stars“ zum Film „Black Panther“ nicht performen konnte, alle anderen vier nominierten Songs wurden live auf der Bühne vorgetragen. In der Kategorie „Bester Animationsfilm“ gewann erwartungsgemäß „Spiderman: A New Universe“. Ein großes Highlight war auch die Dankesrede von Spike Lee, der den Oscar in der Kategorie „Bestes adaptiertes Drehbuch“ für „Blackkklansman“ erhielt, Samuel L. Jackson dabei schier um den Hals fiel sowie auf die anstehenden US-Wahlen nächstes Jahr hinwies und hierbei beim Schlusssatz einer seiner besten Filme („Do The Right Thing“; Anm. d. Red.) einbaute.

Rami Malek ist „Bester Hauptdarsteller“, „Green Book“ gewinnt „Bester Film“

Kommen wir nun zu den großen Gewinnern des Abends. Hierzu kann man auf jeden Fall den mexikanischen Regisseur Alfonso Cuarón zählen, der für die „Beste Kamera“, „Beste Regie“ und „Bester nicht-englischsprachiger Film“ als einzelner Filmschaffender für sein Meisterwerk „Roma“ den Oscar sein Eigen nennen durfte. Insgesamt war es der fünfte Academy Award seiner Karriere, so gewann er 2014 bereits für „Gravity“ in den Kategorien „Beste Regie“ und „Bester Schnitt“. Ein großes Kopf-an-Kopf-Rennen unter Kritikern gab es im Vorfeld der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“ zwischen Rami Malek und Christian Bale, in der am Ende schließlich Rami Malek („Robot“, „Papillon“) für seine herausragende Darstellung von Rocklegende und Queen-Frontmann Freddie Mercury in „Bohemian Rhapsody“ das Rennen für sich entscheiden konnte und sich mit einer sehr bewegenden Dankesrede von der Bühne verabschiedete. An diesem Abend konnte der Film über Queen vier von fünf Oscars gewinnen und gilt damit auch als großer Gewinner der diesjährigen  Verleihung. Dann kam es schlussendlich nach der Verleihung des Regie-Oscars zur Königskategorie „Bester Film“, der von Oscar-Preisträgerin Julia Roberts (2001 als „Beste Hauptdarstellerin“ für Erin Brockovich; Anm. d. Red.). Hierin rechneten alle damit, dass entweder „Roma“ oder „The Favourite“ den Preis entgegennehmen wird, gewonnen hat am Ende aber hochverdient – und für viele dennoch sehr überraschend – „Green Book“ von Regisseur Peter Farrelly. Dieser Film konnte neben dieser Auszeichnung noch die Oscars in den Kategorien „Bestes Originaldrehbuch“ und „Bester Nebendarsteller“ für Mahershala Ali gewinnen.

Gewinner in der Königskategorie „Bester Film“: „Green Book“ von Peter Farrelly

Ein Abend den man so schnell nicht vergisst

Zusammenfassend kann man sagen, dass es sowohl große Überraschungen als auch zu erwartende Gewinner gab. Was jedoch am meisten ins Gewicht fiel war die Tatsache, dass die Verleihung ohne Moderator knapp eine halbe Stunde kürzer als sonst dauerte und infolgedessen relativ schnell abgearbeitet sowie sehr politisch wurde, was mir persönlich nicht wirklich gefallen hat. Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass im nächsten Jahr wieder ein Moderator oder eine Moderatorin auf der Bühne stehen und durch den Abend führen wird, so gehören die Gags der Moderatoren doch auch elementar zur Unterhaltung der Verleihung dazu. Ich zumindest hätte nichts dagegen, wenn Jimmy Kimmel zum dritten Mal die Moderation übernehmen würde, da gerade seine Sprüche und Gags sehr gelungen waren und er sehr souverän damals durch die Verleihung führte. Meine bis zuletzt zu lesenden Prognosen haben sich alle bewahrheitet und dennoch überraschte es mich zumindest in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin“, dass dort nicht Glenn Close, sondern Olivia Colman gewonnen hatte. Man darf schon jetzt bereits gespannt sein, welche Filme bei der nächsten Verleihung für Furore und Überraschungen sorgen werden. Bis dahin wünsche ich euch ein frohes Filmjahr 2019!

Bis zur nächsten Verleihung!

Euer Philipp

P.S.: Die Oscar-Verleihung 2020 findet bereits am 9. Februar 2020 statt – Save the Date!