Freistuz goes Oscars – Die große Oscar-Kolumne zum wichtigsten Filmpreis der Welt: Die Review zur großen Verleihung

Stars, Regisseure, Produzenten, Fotografen, Journalisten – sie alle kamen am 4. März ins Dolby Theatre in Los Angeles, um bei der Vergabe des wichtigsten Filmpreises der Welt dabei zu sein. Es gab viele Überraschungen, zwei Gewinner und eine Show, die in diesem Jahr ohne einen einzigen Fauxpas über die Bühne ging. Ich habe die diesjährige Oscar-Verleihung live mitverfolgt und möchte diese prunkvolle Veranstaltung Revue passieren lassen.

„And the Oscar goes to…“ – dieser Satz war in dieser Nacht des Öfteren zu hören und ist jedes Jahr der am meisten Herbeigesehnte der Filmszene. Lange habe ich auf diesen Tag warten müssen, nun war er da. Egal ob Steven Spielberg, Denzel Washington, Meryl Streep oder Emma Stone, viele Hollywoodgrößen kamen in Los Angeles, zur wichtigsten Preisverleihung ihrer Branche zusammen. Doch mit der Verleihung stellten sich mir, wie auch vielen Cineasten, unzählige Fragen: Wird Late-Night-Moderator und Everybody’s Darling Jimmy Kimmel erneut so cool und gelassen durch die 90. Academy Awards führen wie im letzten Jahr? Welchen Einfluss hat die „MeeToo“-Debatte auf die Verleihung? Wird „The Shape of Water“ seinen insgesamt 13 Nominierungen gerecht? Wird diese Verleihung reibungslos und ohne Fauxpas ablaufen? Wer werden die großen Gewinner und Verlierer der Verleihung? Und wer gewinnt den Preis in der Königskategorie „Bester Film“? Eins kann ich bereits sagen: es gab viele Überraschungen in einigen Kategorien.

Jimmy Kimmel und eine unvergessliche Show

Doch zäunen wir mal das Pferd von hinten auf und beginnen mit dem Moderator der Show, dem Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel, der nach 2017 zum zweiten Mal in Folge durch die Academy Awards führte. Viele wie auch ich fragten sich, wie Kimmel mit der „MeToo“-Debatte umgehen und ob es wieder Seitenhiebe gegen US-Präsident Trump geben würde sowie, ob er wieder persönliche Überraschungen bereithält. Bevor ich auf diese Dinge eingehen werde, möchte ich sagen, dass es eine Verleihung war, bei der man diejenigen ehrte, ohne die das Kino und die Academy unmöglich wäre, seien es Kinobesucher oder aufstrebende Filmemacher. Sie alle wurden von Kimmel und den anwesenden Stars mit Applaus und Standing Ovations geehrt. Und da kommen wir auch schon zu den zwei Highlights des Abends: Kimmel ging mit einigen Nominierten und Laudatoren, darunter auch Guillermo del Toro, in das gegenüberliegende Kino, um den Kinobesuchern stellvertretend für alle Kinobesucher weltweit zu danken. Dabei wurden Hotdogs und Süßigkeiten von den Stars persönlich verteilt. Zudem durfte ein Kinobesucher die darauffolgende Kategorie anmoderieren. Das zweite Highlight war sicherlich der Preis für die kürzeste Dankesrede, welchen sich Jimmy Kimmel für die Show einfallen ließ. Der- oder diejenige, so versprach es der Moderator, würde einen knapp 18.000 US-Dollar teuren Jetski künftig sein Eigen nennen. Gewonnen hat diesen „Preis“ Mark Bridges, Kostümdesigner von „Der seidene Faden“. Allgemein führte Kimmel wieder sehr smart und locker durch die Veranstaltung, wobei man hier und da auch wieder Seitenhiebe auf Matt Damon erlebte, mit dem Kimmel spaßeshalber über seine Late-Night-Show streitet.

Führte erneut souverän und mit viel Witz durch die Verleihung: Jimmy Kimmel

Große Überraschung beim besten Originaldrehbuch, eine starke Rede zwei Gewinner und drei große Verlierer

Nun zum wichtigsten Teil der ganzen Veranstaltung, den Preisen selbst. Hierbei überraschte es mich bei der Kategorie „Bestes Szenenbild“ sehr, dass dieser Preis an „The Shape of Water“ ging, habe ich doch fest mit einem Oscar für „Blade Runner 2049“ gerechnet, dessen Szenerie einfach nur atemberaubend schön und düster war. Insgesamt konnte der Science-Fiction-Thriller von Regisseur Denis Villeneuve zwei Preise gewinnen, den für die beste Kamera und einen für die besten visuellen Effekte. Beide Auszeichnungen gingen völlig in Ordnung. Kommen wir zum ersten großen Gewinner des Abends. Das war, was die Auszeichnungen im Verhältnis zu den Nominierungen angeht, Christopher Nolans Meisterwerk „Dunkirk“. Dieser Film gewann je einen Oscar in den Kategorien „Bester Schnitt“, „Bester Ton“ und „Bester Tonschnitt“ und kann somit als technisch bester Film der Verleihung angesehen werden.

War neben „The Shape of Water“ der zweite große Gewinner des Abends: Christopher Nolans Meisterwerk „Dunkirk“

Die meiner Ansicht nach größte Überraschung gab es in der Kategorie „Bestes Originaldrehbuch“. Hier konnte nicht, wie vielerorts spekuliert, Martin McDonagh für sein großartiges Drehbuch für „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ den Oscar gewinnen, sondern Regie-Neuling Jordan Peele für seinen Debütfilm „Get Out“. Ein Film, der ganz stark das Thema Rassismus zu seinem Eigen macht und der beim US-amerikanischen Publikum im vergangenen Jahr so beliebt wie kein anderer war. Umso größer war die Begeisterung im Saal in dem Moment, als Peeles Name für den Preis verkündet wurde. Dieser bedankte sich vor allem beim Kinopublikum, allen, die „ein Ticket für diesen Film gekauft und ihn weiterempfohlen haben“. Es war der einzige Preis des Abends für diesen wirklich starken Streifen.

Gewann völlig überraschend in der Kategorie „Bestes Originaldrehbuch“ für sein Regie-Debüt „Get Out“: Jordan Peele

Kommen wir zu den Schauspiel-Kategorien. Hierbei gab es keine großen Überraschungen, diejenigen Darsteller, die als Gewinner prognostiziert wurden, bekamen auch den Oscar in ihrer Kategorie. So erhielt zunächst Sam Rockwell die Auszeichnung als bester Nebendarsteller in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, Allison Janney wurde als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle in „I, Tonya“ geehrt und der Brite Gary Oldman bekam den Oscar als bester Hauptdarsteller für seine Darstellung von Winston Churchill in „Die dunkelste Stunde“, der neben dieser Kategorie noch in der Sparte „Bestes Make-Up & Hairstyling“ ausgezeichnet wurde. Auch Frances McDormand bekam wie erwartet den Preis als beste Hauptdarstellerin in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, in dem sie eine auf Gerechtigkeit sinnende Mutter verkörpert. Gerechtigkeit, darum ging es ihr dann auch hauptsächlich in ihrer Dankesrede, in der sie alle Frauen im Saal dazu aufforderte, sich in Solidarität zu den zahlreichen, prominenten Vergewaltigungs- und Missbrauchsopfern und Auslöserinnen der „MeeToo“-Bewegung von ihren Plätzen zu erheben. Es war zweifelsohne die stärkste und eindrucksvollste Rede des gesamten Abends. Der zweite große Gewinner des Abends war Guillermo del Toros Fantasty-Märchen „The Shape of Water“, welches neben dem Oscar für del Toro als besten Regisseur, die Auszeichnungen in den Kategorien „Beste Filmmusik“ und wie schon erwähnt „Bestes Szenenbild“ sowie den wichtigsten Preis des Abends, den für den besten Film, gewinnen konnte. Um auch sicher zu stellen, dass diesmal nichts schiefgehen wird, wurden dieselben Laudatoren wie letztes Jahr, die Hollywood-Legenden Faye Dunaway und Warren Beatty, eingeladen. Als der Film von Beatty zum Sieger verkündet wurde, bestätigte del Toro mit einem kurzen Blick auf den Umschlag, dass auch wirklich sein Film die Auszeichnung erhalten hat. Die wohl größten Verlierer bei dieser Verleihung waren „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, bei dem viele mit dem Oscar für den besten Film und dem besten Originaldrehbuch gerechnet hatten und welcher am Ende nur zwei Auszeichnungen einheimsen konnte, sowie die beiden Filme „Lady Bird“ und „Die Verlegerin“, Steven Spielbergs Politthriller um die Enthüllung der Pentagon Papers, die sogar ohne einen einzigen Oscar auskommen mussten.

Gewann unter anderem in der Königskategorie „Bester Film: Guillermo del Toros Fantasy-Märchen „The Shape of Water“

Eine klare Botschaft und eine rundum gelungene Veranstaltung

Zusammenfassend kann man sagen, dass die „MeToo“-Debatte sehr starken Eingang in die diesjährige Oscarverleihung fand. Selbst die deutschen Moderatoren am roten Teppich hatten es schwer, einen Star für ein Interview zu ergattern, da diese geradewegs in Richtung Saal liefen und lieber das Gespräch mit den US-Reporten suchten, wahrscheinlich, um Fragen über „MeeToo“ aus dem Weg zu gehen. Des Weiteren kann man von einer fehlerfreien und rundum gelungenen Veranstaltung sprechen, die in diesem Jahr ohne einen einzigen Patzer auskam. Genau so soll es auch sein für diese Verleihung. Ich bin jetzt schon gespannt, welche Filme nächstes Jahr im Fokus stehen werden. Eins ist garantiert: Es werden wieder spannende und unterhaltsame Academy Awards, gerne auch wieder mit Jimmy Kimmel!

Bis zum nächsten Jahr, wenn es wieder heißt: „Freistuz goes Oscars“!

Euer Philipp