Erfahren und doch nicht auf den Kopf gefallen

Max Herre ist ein Musiker, der aufgrund seiner langjährigen Erfahrung im Musikgeschäft neben entspannten Beats auch mal ernstere Töne in seinen Liedern anschlägt. Dass es dafür nicht unbedingt ein ausverkauftes Haus braucht, hat er am Freitag im Zirkuszelt eindrucksvoll unter Beweis bestellt.

Man möchte geradezu mit auf die Reise gehen, auf die Max Herre das Publikum während seines knapp zweistündigen Konzertes im nicht ganz ausverkauften Zirkuszelt auf dem ZMF mitnimmt. Das Reisen spielt in seinem demnächst erscheinenden Album „Athen“, dessen gleichnamiger Titelsong den Abend eröffnete, eine zentrale Rolle, da es laut ihm vor allem ein Gefühl der Freiheit und der Unabhängigkeit vermittle. Das dies auch Abgründe mit sich bringen kann, zeigt der darauffolgende, sehr tiefgehende Song „Villa an der Klippe“. Man konnte fast seinen Ohren nicht trauen, dass der Sänger der ehemaligen Hiphop-Truppe Freundeskreis wie bereits erwähnt vermehrt ernstere Töne zum Besten gab, da dies allgemein nicht gerade viele Künstler auf ihren Konzerten machen. So bewies er meist klare Haltung zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen wie der Flüchtlingskrise – gerade der Song „Sans Papier“ erinnert da ein wenig an Christian Petzolds Film „Transit“ aus dem letzten Jahr, welcher die papierlosen Flüchtlinge während des zweiten Weltkriegs als zentralen Handlungspunkt nimmt und so – sowohl von Petzold, als auch von Herre – in der Gegenwart erzählt wird, um somit einen aktuellen Bezugspunkt herzustellen.

Wusste auch aufgrund 20-jähriger Musikerfahrung beim ZMF-Publikum zu überzeugen: Max Herre

Das neben den alten Songs von Freundeskreis wie „Esperanto“ oder „Halt dich an deiner Liebe fest“ auch die neueren Werke des gebürtigen Stuttgarters nicht fehlen dürfen, war jedem im Publikum und auch dem Künstler selbst klar. So konnte er vor allem mit „Wolke 7“ und „Fühlt sich wie fliegen an“ die Menge für sich gewinnen und zum Nachdenken, aber auch zum Tanzen bringen. Persönliche Erfahrungen sind Herre in seinen Liedern ebenfalls von großer Bedeutung, so stieß er bei den Songs „17“, in welchem er einen seiner Söhne portraitierte, und seinem wahrscheinlich bekanntesten Song „A.N.N.A“ beim feiernden und tanzenden Volk auf Begeisterung. Was darf jedoch bei einem Künstler seines Schlags und Bekanntheitsgrades auf gar keinen Fall fehlen? Na klar, Gastauftritte! Umso überraschter war das Publikum, als seine Frau Joy Denalane beim dritten Song des Abends „Erste Liebe“, welches er damals auch mit ihr aufnahm, auf die Bühne kam. Insgesamt gab es sieben Nummern, bei denen Max Herre Mitsänger on Stage holte. Am beeindruckendsten hierbei waren „Rap ist“, den er mit Megaloh performte und somit ein wenig das Hip-Hop-Feeling der 90er Jahre wiederaufleben ließ und „Revolution“ seines Idols Bob Marley, welches er gemeinsam mit Denalane und Megaloh performte. Allgemein bewies er, dass er das Zirkuszelt auch ohne seine Kumpels von Freundeskreis, mit denen er das Zelt im letzten Jahr ausverkauft hatte, mit seiner neuen Art, Musik zu machen, zum Beben und Rocken bringen kann und das man sich auch mit über 20 Jahren Bühnenerfahrung immer wieder neu erfinden muss, um weiterhin mit dem Strom der Zeit mitschwimmen zu können. Das Versprechen von Herre, dass er auf jeden Fall wiederkommen wird, stieß beim Publikum auf große Vorfreude – vielleicht ja auch deswegen, weil dann die aktuellen Songs wieder ein wenig älter sind. Man darf gespannt darauf sein, ob Samy Deluxe, wie Herre auch Hip-Hopper, diese Stimmung am Freitag toppen kann.