Das Zelt-Musikfestival Freiburg – Was dieses Freiburger Kulturgut so besonders macht

 

Es ist eines der ältesten Musikfestivals in Deutschland und wahrscheinlich auch eines von nur wenigen seiner Art. Viele verschiedene nationale und internationale Künstler wie z.B. James Morrison, die Sportfreunde Stiller, Andreas Bourani, B.B. King, James Brown, Al Jarreau, Kool and the Gang, Xavier Naidoo, Clueso,  Rea Garvey, The Simple Minds oder auch Dauergast und Publikumsliebling Dieter Thomas Kuhn haben hier schon für einmalige und besondere Konzertmomente gesorgt. Die Rede ist natürlich vom altehrwürdigen Zelt-Musik-Festival, kurz ZMF, welches seit 1983 jährlich bis zu 120.000 Festival- und 45.000 Konzertbesucher auf das Mundenhof-Gelände lockt und sich in Freiburg zu einer wahren Institution entwickelt hat. Doch was macht dieses Festival, das von Arzt und Musikliebhaber Alexander Heisler ins Leben gerufen wurde, so beliebt in der Region und vor allem in Freiburg?

Von der Studentenidee im Audimax bis auf den Mundenhof

Musikkonzerte in Zelten? Und dann noch auf einem Gelände, in dem Tiere gehalten werden? In der Region rund um Freiburg bis in die frühen 1980er Jahre unvorstellbar. Doch was damals schier unmöglich schien, ist heute bei den Freiburger Bürgern und weit über die Stadtgrenzen hinaus in aller Munde. Angefangen hatte diese Idee komplett anders, damals hatte es noch nicht einmal mit Zelten zu tun. „Ich stamme aus einer Arztfamilie, in der alle sehr musikbegeistert waren. Die Idee mit den Konzerten begann in der Zeit, als ich in Freiburg Jura und Journalistik studiert habe, ich hatte schon mit zwölf Jahren die Erfahrung gesammelt, Konzerte zu organisieren, bin also jetzt schon seit fast 60 Jahren mit der Organisation und dem Ablauf von solchen Events vertraut“ erzählt Festivalgründer und Mr. ZMF Alexander Heisler. „Ich hatte damals mit Freunden Anfang der 70er Jahre die Idee, den Leuten mit Konzerten von Musikern, die ich persönlich kannte, im Audimax zu sehr zivilen Preisen Freude zu bereiten, denn was kann schon mehr Freude machen als die Musik? Damals habe ich als Leiter meiner studentischen Organisation sogar mit dem AStA kooperiert, um dieses Event am Leben zu halten“ fügt er hinzu. Zusätzlich hatte er die Unterstützung vieler Professoren der Uni Freiburg. Zu der Idee, solche Musikevents in Zelten zu veranstalten, kam er auf einer Reise Anfang der 80er Jahre, bei der er mit zwei russischen Musikern gemeinsam Zeltkonzerte besuchte. Damals arbeitete er schon hauptberuflich als Arzt, ließ sich aber nicht von der Idee abbringen, dass man so etwas auch in Freiburg machen könnte. Nach langer Recherche fand er dann auch ein Spiegelzelt, welches günstig zu vermieten war. So fand das erste von Heisler organisierte Festival 1983 in Spiegelzelten in der Freiburger Innenstadt und bei der Musikhochschule statt. Doch aller Anfang ist ja bekanntlich schwer. Nach einem Jahr kamen die ersten Anwohnerbeschwerden und man musste in den Stühlinger umziehen, wo sich dieses Problem jedoch fortsetzte. Mit dem damaligen Bürgermeister Rolf Böhme, „der ein Unterstützer der Idee und ein Freund war“, entschloss Heisler sich dazu, 1985 an den Mundenhof umzuziehen. Der Chef des dort ansässigen Tiergeheges wollte das ZMF jedoch wegen der Lärmbelästigung verbieten. Aufgrund vieler Gutachten und dank Heislers Durchsetzungsvermögen konnten sich beide Seiten schließlich doch einigen und sogar eine Freundschaft aufbauen, die bis heute andauert. Für Heisler ist das Gelände ein ideales Biotop, in dem man sich ungestört aufhalten kann, denn wer nicht auf eines der Konzerte geht, kann sich dieses auch auf dem Hügel daneben anhören und die Atmosphäre von draußen mit einem Kaltgetränk  genießen. So handhaben es viele Freiburger mittlerweile. „Durch 12-13 Jahre Erfahrung und Freunde sammeln konnte dieses Festival überhaupt entstehen und sich langsam in Ruhe entwickeln“, so Heisler weiter. Mittlerweile hat es sich unter den Künstlern herumgesprochen, wie schön und einzigartig das ZMF ist und so ist es den Veranstaltern in den letzten Jahren immer wieder gelungen, auch internationale Topstars zum Festival zu locken.

Bei den Freiburgern beliebt, vor allem wegen Dieter Thomas Kuhn

Auch die Freiburger Bürger schätzen dieses Event immer mehr, manche sehen es sogar als Kulturgut, welches nicht mehr aus der Stadt wegzudenken sei. „Früher sind wir fast jedes Jahr hingegangen, weil auch sehr viel Musik lief, die wir damals gut fanden“ erzählt ein Rentnerpärchen. „Zudem haben wir immer eine einzigartige und tolle Atmosphäre am Gelände selbst wiedergefunden, sodass wir uns ab und an entschlossen haben, manchen Konzerten von außen zuzuhören.“ „Es ist die Mischung aus allen erdenklichen Musikrichtungen, von der Klassik bis zur modernen Musik von heute, was das ZMF für mich so besonders und einzigartig macht“, fügt ein Student hinzu, der schon seit sechs Jahren regelmäßig das ZMF besucht. Dabei hatte er auch schon einmal das Glück, den schwäbischen Dauerbrenner und Schlagerbarden Dieter Thomas Kuhn live zu erleben. „Flowerpower und gute Stimmung pur.“ So beschreibt er dieses Konzert und dem kann ich aus letztjähriger Erfahrung nur zustimmen. Doch wie kam es dazu, dass gerade dieser Künstler zum Liebling des ZMF-Publikums wurde? „Damals hatte ich ihn selbst gebucht für das Spiegelzelt, als er noch nicht die ganz große Nummer war“, erwidert Heisler. Unter anderem war der Geschäftsführer Marc Oßwald als Freund und Manager des Schlagersängers ein wichtiger Faktor, um ihn regelmäßig zum ZMF lotsen zu können. Kuhn wurde damals auch Mitglied im Förderkreis des ZMF und kommt immer wieder gerne hier her, da er, so Heisler, „immer ein Heimspiel hat“, denn die meisten Leute, die Karten für seine Konzerte kaufen, kommen wie er aus dem schwäbischen Kreis rund um Stuttgart, Böblingen, Tübingen und Sindelfingen. „Die Freiburger, die immer zu spät dran sind, müssen sich dann mit der restlichen Auswahl an Künstlern begnügen“, entgegnet Heisler. Mittlerweile sei es aufgrund des Risikos vieler nicht ausverkaufter Konzerte notwendig, ihn zweimal auftreten zu lassen. „Die finanzielle Unterstützung von Stadt und Land reicht nicht immer aus, weshalb jedes Jahr ein paar Topseller nötig sind, um auch Erfolg zu haben“ erklärt Heisler.

 

Ein Festival voller unvergesslicher Konzerterlebnisse

Kommen wir nun zum Wichtigsten beim ZMF, den Konzerterlebnissen. Eines von vielen „Hautnah-Konzerten“, für die das ZMF bekannt ist, war das Eröffnungskonzert 2015 von Andreas Bourani. Bei diesem Konzert ging er mitten in einem Song durch das Publikum und holte für den Song „Auf Uns“ Weltmeister Sami Khedira auf die Bühne. Seitdem steigt bei mir täglich die Vorfreude auf die Bekanntgabe der Acts für das folgende ZMF. Allein die Atmosphäre, ein Konzert in einem Zirkus- oder Spiegelzelt zu erleben, macht für mich dieses Konzerterlebnis so besonders. Auch Alexander Heisler hatte schon seine ganz besonderen Erfahrungen mit Künstlern beim ZMF. Eine nicht ganz unwichtige Rolle dabei spielen die zahlreichen Bühnen, bei denen man Konzerte von relativ unbekannten Musikern umsonst und abseits der zahlungspflichtigen Konzerte erleben kann, die sogenannten Actionbühnen. „Ich bin vor ein paar Jahren über das Gelände gelaufen als ich auf einmal Musik von der Gastronomiebühne hörte. Da musste ich unbedingt rein. Es hatte sich herausgestellt, dass das Reamonn um ihren heute sehr bekannten Frontmann Rea Garvey waren, die gerade ihr Konzert beendet hatten. Ich habe sie dann gefragt ob sie mir noch eine Zugabe spielen würden, da ich gerade erst gekommen bin. Am Ende haben sie das ganze Konzert nochmal gespielt. Daraufhin bin ich auf die Bühne gegangen, habe mich bei ihnen bedankt und sie ein Jahr später ins Spiegelzelt eingeladen“ erzählt Heisler begeistert. Zudem erzählt er begeistert vom Auftritt der Blueslegende Cab Calloway Mitte der 80er Jahre. Dieser Musiker ist für Heisler eine Legende des Blues und hat dies seinen Freiburger Fans auch eindrucksvoll mit viel Interaktion unter Beweis gestellt.

Begeisterte 2015 das ZMF-Publikum: Andreas Bourani

 

Von der Actionbühne ins Hauptprogramm

Es gibt auch die Bühnen im Actionprogramm, auf denen die Künstler von einer Mitarbeiterin des Festivals gezielt ausgesucht werden und man umsonst verschiedenen Künstlern zuhören kann. Der Künstler, der dort beim Publikum am meisten überzeugt, bekommt beim folgenden ZMF einen Auftritt im Spiegelzelt. Letztes Jahr war es Julian Philipp David, ein junger und ambitionierter Songwriter-Rapper, der in Freiburg geboren und aufgewachsen ist und das Publikum im Spiegelzeit begeisterte. Gerade diese einmalige Möglichkeit, in Form der Actionbühnen auch ohne Ticket Konzerte zu besuchen, gefällt vielen Besuchern. Von Flower-Power, Klassik, Pop und sogar portugiesischem Fado, dieses Jahr mit der Sängerin Carminho vertreten, bis hin zu bekannten Autoren bzw. Lyrikern und alt eingesessenen Rockern: Beim ZMF wird wirklich für jedermann etwas geboten. Es gibt keine Musikrichtung, die nicht auf diesem Festival gespielt wird. „Allein zum Beispiel mal Jan Josef Liefers nicht als Tatort-Kommissar, sondern als DDRler, Mann einer gut aussehenden Schauspielerin und als Musiker zu erleben, ist auch etwas, was das ZMF so besonders und anders als andere Musikfestivals macht“ erwähnt Heisler. „Die Freiburger“, so der Festivalgründer, „sind mittlerweile Teilhaber dieses Festivals geworden und sehen es als fünfte Jahreszeit an.“ Dem kann man nicht widersprechen, denn was für Kölner, Düsseldorfer und Mainzer der Karneval ist, ist für die Freiburger das ZMF. Möge diese Jahreszeit in Freiburg nie vergehen! Ihren einmaligen Glanz hat sie bis heute nicht verloren und das ist auch gut so.